Eine typische Sitzungswoche: Regeln und Termine im Deutschen Bundestag
Neben den Terminen im Wahlkreis, Gesprächen mit Vereinen und Gruppen, Bürgersprechstunden und anderen Veranstaltungen verbringe ich als Bundestagsabgeordneter fast die Hälfte des Jahres in Berlin. Schaue ich in meinem Terminkalender, ist die erste Frage immer: Ist es eine Sitzungswoche oder eine Wahlkreiswoche? Diese Unterscheidung bestimmt mein Zeitbudget und zeigt mir, ob ich flexibel Termine vergeben kann.
Damit Sie einen Blick hinter die Kulissen des politischen Betriebes in der Hauptstadt werfen können, skizziere ich Ihnen hier eine typische Sitzungswoche. Die meisten Termine im Deutschen Bundestag finden regelmäßig statt – nur so kann die Arbeit der 736 Abgeordneten sowie deren Mitarbeiter und Referenten gut funktionieren.
Hier finden Sie den aktuellen Sitzungskalender .
Am Montag reise ich aus Groß-Umstadt nach Berlin. Dort warten auf meinem Schreibtisch bereits Mappen mit dem Posteingang der vergangenen Woche und die Unterschriftenmappen mit vorbereiteten Briefen, die ich unterschreiben und freigeben muss.
Am Montagvormittag findet immer eine Bürobesprechung statt. Gemeinsam mit meinem Team plane ich die nächsten Termine und die politische Agenda. Damit auch meine Mitarbeiterinnen im Wahlkreis dabei sind, führen wir in der Regel eine Telefonkonferenz.
Montagnachmittags trifft sich die Arbeitsgruppe Digitales zu einer Sitzung. Der AG gehören alle Mitglieder der SPD-Fraktion an, die auch im Ausschuss für Digitales sind. Seit 2013 gibt es erstmals einen Ausschuss, der sich mit Internet und den Veränderungen im digitalen Zeitalter befasst. Da ich seit Jahren großes Interesse an diesem Themenbereich habe, freut es mich, dass ich als Mitglied im Ausschuss und in der AG mitarbeiten kann.
Am Montagabend findet die Landesgruppen-Sitzung der hessischen SPD-Bundestagsabgeordneten statt. Viele politische Projekte betreffen unser Bundesland und das diskutieren wir dann gemeinsam. Es ist außerdem „ein bisschen Heimat“, wenn man gemeinsam in der Hessischen Landesvertretung zu Abend isst, im Anschluss noch einen Äppelwoi zusammen trinken kann und den Tag ausklingen lässt.
Dienstags tagt um 9:30 Uhr die Arbeitsgruppe Finanzen der SPD-Bundestagsfraktion, der ich als Mitglied des Finanzausschusses angehöre. Hier besprechen die sozialdemokratischen Abgeordneten die Tagesordnung des Finanzausschusses. Oft begleitet mich jemand zu dieser Sitzung, denn auch meine Mitarbeiter müssen auf dem Laufenden bleiben. Zum Mittagessen bin ich meistens verabredet. Natürlich will ich die Kolleginnen und Kollegen im Parlament und im Ausschuss kennenlernen und den Kontakt pflegen. Da ist ein gemeinsames Mittagessen in einem der Bundestagsrestaurants eine gute Gelegenheit.
Um 15.00 Uhr tagt die SPD-Bundestagsfraktion – hier kommen alle zusammen, um über die unterschiedlichen Themen zu berichten, die in dieser Woche im Plenum und in den Ausschüssen behandelt werden.
Im Anschluss an die Fraktion finden noch verschiedene weitere Veranstaltungen statt, z.B. Diskussionsrunden mit Gewerkschaften, zu Beginn des Jahres Neujahrsempfänge oder im Sommer ein Empfang in den vielen Hauptstadtrepräsentanzen der Unternehmen. Fast immer haben die Termine mit meiner Arbeit in den beiden Themenbereichen zu tun.
Am Mittwoch finden die Ausschusssitzungen statt. – Am Morgen die Sitzung des Finanzausschusses und am Nachmittag die Sitzung des Ausschusses für Digitales. Hier werden bereits wichtige Debatten geführt und es wird unter den Fachpolitikerinnen und Fachpolitikern der sechs Fraktionen diskutiert. Die Beschlussempfehlung für das Plenum wird so erarbeitet.
Ebenfalls am Mittwoch beginnt die Arbeit im Plenum. Meist startet die politische Debatte zunächst mit der Fragestunde und der Befragung der Bundesregierung. Oft gibt es zusätzlich eine kurzfristig einberufene sogenannte „Aktuelle Stunde“, die ein aktuelles politisches Thema aufgreift.
Am Donnerstagmorgen klingelt mein Wecker noch etwas früher. Meist bin ich schon um acht im Büro und laufe um kurz vor neun direkt in das Reichstagsgebäude. Den gesamten Donnerstagmorgen sitze ich im Plenum: In der Kernzeit zwischen 9 und 12 Uhr werden die wichtigsten Themen der Woche debattiert. Im Plenum treffe ich natürlich meine Kolleginnen und Kollegen. Da wir keine festen Sitzplätze haben, können wir uns auch gemeinsam austauschen und Dinge besprechen.
Nach dem Mittagessen bin ich wieder an meinem Schreibtisch. Die Post, Geburtstagskarten, die Freigabe einer Pressemitteilung oder meines Newsletters – all das wird dann erledigt. Zwischendurch bin ich immer mal wieder auf dem Weg zurück ins Plenum, denn es finden sehr oft namentliche Abstimmungen statt.
Übrigens: An Sitzungstagen läuft im Büro der Fernseher – mit Livestream aus dem Plenum, so verpasse ich nichts und kann trotzdem die Akten bearbeiten. Das Plenum endet am Donnerstag in der Regel gegen 22 Uhr, kann aber auch schon einmal bis tief in die Nacht gehen.
Auch am Freitag herrscht im Plenum zwischen 9 und 12 Uhr Anwesenheitspflicht. Das Plenum endet an diesem Tag aber bereits gegen 16 Uhr – je nach Tagesordnung. Schließlich kann ich mich auf die Reise in den Wahlkreis machen. Natürlich habe ich vorher wieder Post bearbeitet, mit dem Wahlkreis-Büro telefoniert, Glückwunschbriefe unterschrieben, mich mit einer Besuchergruppe unterhalten und, und, und….
Im Zuge meiner Tätigkeit als Abgeordneter habe ich schnell festgestellt: Das Berliner Politikerleben wird bestimmt durch Regelmäßigkeiten, wiederkehrende Termine und fest vereinbarte Treffen. Das gibt dem Ganzen Struktur, denn die Abstimmung zwischen 736 Terminkalendern wäre einfach nicht zu bewältigen. Natürlich bleibt es immer spannend: Jede Sitzungswoche widmet sich neuen Themen und man trifft in Berlin viele unterschiedliche Menschen, Typen, Abgeordnete, Mitarbeiter, Taxifahrer, Unternehmer und Politikinteressierte. Ich kann deshalb einen Besuch in unserer Hauptstadt nur empfehlen: Hier spüren Sie den Puls der Politik.