Bericht von Jens Zimmermann
Das US-Außenministerium hatte zur Präsidentschaftswahl 2016 die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) eingeladen, Wahlbeobachter in die USA zu entsenden und den Verlauf der Wahlen zu beobachten. Die Idee ist, die Rechtmäßigkeit der eigenen Wahlen durch eine außenstehende Instanz überprüfen und möglichst zu bestätigen. Es sind 150 Abgeordnete aus ganz Europa in die USA gereist. Am Wahltag waren sie in verschiedensten Bundesstaaten unterwegs und haben die Durchführung in den Wahllokalen sowie die Auszählung beobachtet.
Aus Deutschland nahmen fünf Abgeordnete von SPD, CDU und Grünen an der OSZE-Mission teil. Unter ihnen ist der Odenwälder Bundestagsabgeordnete Dr. Jens Zimmermann aus Groß-Umstadt. „Ich habe mich vor einiger Zeit freiwillig als Wahlbeobachter bei der deutschen OSZE-Koordinatorin gemeldet. Die Wahlbeobachtung ist ein wichtiges Instrument, damit demokratische Prozesse gestärkt werden. Ich finde, es ist eine wichtige Aufgabe. Dass der erste Einsatz nun in den USA stattfand, hat mich ein wenig überrascht. Aber spätestens nach der umstrittenen Präsidentschaftswahl zwischen George Bush und Al Gore im Jahr 2000 weiß man, dass es auch in den USA hitzig werden kann.”
Die Beobachter reisten am Freitag vor der Wahl an und erhielten am Samstag und Sonntag entsprechende Briefings zum Wahlrecht und zur aktuellen politischen Lage. Die Wahlbeobachtung war dann eine Team-Aufgabe. Je drei Abgeordnete haben sich am Dienstag, vor allem in die umkämpften Bundesstaaten, auf den Weg gemacht und unangekündigt Wahllokale besucht. Dabei war die Rolle auf das Beobachten beschränkt. Eingriffe oder Hinweise dürfen Wahlbeobachter nicht geben. „Wir haben eine Reihe von Punkten auf einer Checkliste abgearbeitet und entsprechend Notizen gemacht“, so Zimmermann.
Dabei stehen bei jeder Wahlbeobachtungs-Mission zunächst die einfachen Prinzipien freier und demokratischer Wahlen im Vordergrund. Können die Wählerinnen und Wähler ihre Stimme ungehindert und geheim abgeben? Wird Bürgern die Abgabe ihrer Stimme verwehrt und wenn ja, aus welchen Gründen? Sind sonstige Behinderungen des Wahlablaufs zu erkennen? Dabei sind die Beobachterteams immer auch auf die Kooperation der Wahlhelfer in den Wahllokalen angewiesen. Das Wahlrecht unterscheidet sich von Bundesstaat zu Bundesstaat. Auch den Ablauf der Wahl legen die einzelnen Bundesstaaten selbst fest, weshalb es von Wahllokal zu Wahllokal Unterschiede geben kann.
Den Wahltag verbrachte Zimmermann im Bundesstaat Virginia im Landkreis Fairfax. Hier besuchte er 11 Wahllokale. „Als wir uns zum ersten Mal den Wahlhelferinnen und Wahlhelfern vorstellten, gab es erstaunte Blicke. Ich habe mich direkt selbst gefragt, wie die Wahlhelfer im Odenwald wohl reagieren würden, wenn sich Wahlbeobachter aus den USA vorstellen würden. Nach kurzer Überraschung sind wir – in allen Wahllokalen – sehr freundlich empfangen worden“, berichtet Zimmermann. Zwischen 30 und 45 Minuten dauert eine Beobachtung und den standardisierten Fragebogen auszufüllen.
„Viele Wählerinnen und Wähler kennen die Abläufe in den Wahllokalen in Deutschland, meist sind Wahllokale über Jahre in denselben Gebäuden im Ort. Wahlkabinen und Ablauf haben feste Regeln. In den USA ist das auch so. So gibt es, wie in Deutschland, einen festgelegten Bereich rund um das Wahllokal, wo Parteien, Anhänger und Kandidaten keinen Wahlkampf machen dürfen. Dieser Bereich war allerdings in Fairfax sogar mit Kreide markiert. Das kennen wir in Deutschland nicht“, berichtet Zimmermann. „Eine weitere Besonderheit in den US-Wahllokalen sind Scanner, die die Stimmzettel und die Stimmen auswerten. Dann kommt endlos Papier – wie ein langer Kassenzettel – aus der Maschine. In Deutschland zählen Wahlvorstände die Stimmen noch per Hand“, schildert er persönliche Eindrücke.
Die Arbeit ist für Zimmermann mit der Beobachtung am Dienstag noch nicht beendet. Am frühen Mittwochmorgen wurden die Berichte der 50 Beobachterteams ausgewertet und zu einem offiziellen Abschlussbericht der OSZE zusammengefasst. Es findet ein weiteres Treffen statt. Der Bericht kann dann den beiden politischen Lagern bei der Einschätzung zum Ablauf der Wahl helfen. Zimmermann und die deutschen Wahlbeobachter trafen sich außerdem vor der Abreise noch mit dem deutschen Botschafter in den USA.
Alle Beobachter haben sich zur politischen Neutralität verpflichtet. Natürlich hat jeder Beobachter und jede Beobachterin auch persönliche politische Präferenzen, doch diese durften die Beobachtungsmission nicht beeinflussen. Zimmermann meint: „Die USA haben uns als politische Profis, sozusagen als Schiedsrichter, zu ihrem größten demokratischen Ereignis eingeladen und nicht als Fans, die einer Seite zujubeln. Das nehmen wir sehr ernst.” Die Mission wurde geleitet von der österreichischen Abgeordneten und Präsidentin der parlamentarischen Versammlung der OSZE, Christine Muttonen.
Mit ihren 57 Teilnehmerstaaten in Nordamerika, Europa und Asien ist die OSZE die weltweit größte regionale Sicherheitsorganisation. Sie arbeitet daran, dass mehr als eine Milliarde Menschen in Frieden, Demokratie und Stabilität leben können. Ihre Wurzeln hat sie in der Schlussakte von Helsinki 1970 und damit noch mitten im kalten Krieg. Sie hat maßgeblich zur friedlichen Annäherung von Ost und West beigetragen. Ihre heutigen Aufgaben entsprechen noch immer diesen Zielen, aber reichen geografisch weit darüber hinaus. Im Jahr 2016 hat Deutschland den Vorsitz der Organisation.